Carlos Cruz-Diez verbrachte sein Leben als leidenschaftlicher Maler. Der 1923 in Caracas, Venezuela, geborene Junge liebte es, im Unterricht zu zeichnen, am Schreibtisch seines Vaters mit seinem Radierstempel zu spielen und die Welt um ihn herum zu beobachten.
Die Finanzierung seiner kreativen Freiheit
Im Alter von 17 Jahren beschloss Cruz-Diez, Künstler zu werden und schrieb sich an der Hochschule für Bildende Künste in Caracas ein. Er war immer der erste Student, der morgens an der Schule ankam. Um sein Studium zu finanzieren, zeichnete er Comics und arbeitete nach seinem Abschluss im Bereich Grafikdesign und als Illustrator, während er seine Malerei weiterentwickelte.
Als akademischer Maler war Cruz-Diez sehr erfolgreich, aber je mehr er sich mit der Kunstgeschichte beschäftigte, desto mehr wurde ihm klar, dass er Kunst bis dahin nicht neu erfunden hatte. Er wollte seinen Weg ändern und wählte den relativ unerforschten Weg der Farbe als seinen Schwerpunkt.
Cruz-Diez ging 1955 nach Europa, zunächst nach El Masnou bei Barcelona, von wo aus er oft nach Paris reiste, dem Treffpunkt für Künstler und Intellektuelle. In Paris stellte er zu seiner Freude fest, dass sein Denken mit dem vieler progressiver Künstler aus verschiedenen Ländern übereinstimmte. Diese Gruppe schuf eine Tendenz, die der Maler und Grafiker Vasarely die kinetische Kunstbewegung nannte.
Cruz-Diez kehrte kurzzeitig nach Caracas zurück, weil er glaubte, dort mehr bewirken zu können als in Europa, aber erst während seiner ersten Ausstellung 1959 im Museum der Schönen Künste von Caracas wurde ihm klar, dass es an der Zeit war, sein Land für immer zu verlassen. Die Menschen verstanden damals seine Kunst einfach nicht. Im August 1960 machte sich Cruz-Diez mit seiner Familie auf den Weg nach Paris, dem Epizentrum der kinetischen Kunst.
Den Prozess beschleunigen
Cruz-Diez verdiente seinen Lebensunterhalt als Grafikdesigner und experimentierte gleichzeitig weiter mit dem, was er bereits im Jahr zuvor in Caracas entdeckt hatte. 1961 betrat er die europäische Bühne, als er an "Bewogen Beweging", der ersten großen Ausstellung über kinetische Kunst im Stedelijk Museum in Amsterdam, teilnahm. Es folgten 1964 "Mouvement 2" in der Galerie Denise René in Paris und 1965 "The Responsive Eye" im Museum of Modern Art in New York.
Bald war er in ganz Europa gefragt und gehörte zu einer Gruppe von Künstlern, die die Kunst von etwas Statischem in etwas verwandelten, an dem die Menschen teilhaben konnten. Seine erste Einzelausstellung in Paris fand 1965 in der Galerie Kerchache statt. Um seine zunehmenden Arbeitsanforderungen zu bewältigen und sicherzustellen, dass er alle Ideen in seinem Kopf umsetzen konnte, entwickelte Cruz-Diez eine Methode, um sein Arbeitstempo zu beschleunigen, indem er Werkzeuge erfand, die ihm bei der Umsetzung jedes Kunstwerks halfen.
Seine Forschungen zur Farbe
Die Kunstschule in Caracas lehrte Cruz-Diez, ein guter figurativer und akademischer Maler zu sein. Seine Bilder verkauften sich gut, doch Cruz-Diez verspürte immer den Drang, sich von der Ausbildung seiner Meister zu lösen und etwas anderes zu versuchen. Er wollte etwas in der Geschichte der Kunst verändern.
Ein methodisches Vorgehen
Nachdem er die akademische Malerei hinter sich gelassen hatte, begann Cruz-Diez eine Phase intensiver Studien, in der er viel über Kunstgeschichte las. Er erkannte, dass er, um etwas Neues zu finden - und sei es auch nur die kleinste Lücke -, akribisch forschen musste, ähnlich wie ein Wissenschaftler, der methodisch vorgeht. Die Werke von Farbtheoretikern, Wissenschaftlern wie Chevreul, Literaten wie Goethe, Künstlern wie Albers, Vasarely und Velasquez sowie die Bewegung des Impressionismus beeinflussten sein Denken.
Farbe im Raum
Schließlich kam Cruz-Diez zu der Erkenntnis, dass die Farbe nie Gegenstand eines künstlerischen Diskurses gewesen war. Sie wurde immer als bloße Folge der Form abgetan und spornte ihn dazu an, das Auge, die Farbwahrnehmung und die Art und Weise, wie sich das Licht verändert, weiter zu untersuchen.
Nach und nach entwickelte Cruz-Diez seinen Diskurs, den der Farbe im Raum, ohne Form.
Er verwendet Linien, weil sie das effizienteste Mittel sind, ohne Symbolik und ohne Anekdote, nur mit Farbe. Daher wird die Farbe zu einer Frage der persönlichen Vorliebe, die eine emotionale Verbindung darstellt. Der Betrachter verbindet sich mit der Farbe und findet dadurch die Poesie in seinem Werk.
Er macht sich die Technologie zu eigen
Im Laufe der Zeit entwickelte Cruz-Diez sein Medium der Farbdarstellung mit Hilfe modernster Technik weiter, wobei er sich stets auf dieselben Prinzipien berief, aber mit immer genaueren Methoden arbeitete. Im Alter von 80 Jahren begann er, den Computer als Hilfsmittel für seine Untersuchungen zu nutzen. Er forschte bis zu seinem Lebensende weiter.
Cruz-Diez war nicht nur ein Innovator, sondern auch ein Erfinder. Er war immer auf der Suche nach neuen Lösungen, um seine Forschungen zum Thema Farbe besser darstellen zu können, und er erfand ständig neue Werkzeuge bzw. gestaltete bestehende Werkzeuge für seine Zwecke um. Dank modernster Technologie konnte er Dinge schaffen, die er in den 1960er Jahren erdacht hatte, aber damals nicht bauen konnte.
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